Wie gut, dass der Sonntag nicht der Montag und der Dienstag war! Dann herrschte bedrückender Hochnebel über Wien; am Sonntag zuvor aber, über den Häuptern von 16 Naturfreundinnen und -freunden, spannte sich der blaue Himmel, dass es besser gar nicht sein konnte. Wir im direkten Zug, ohne in Wr. Neustadt umzusteigen, rollten ins Piestingtal zur Haltestelle Miesenbach-Waidmannsfeld. Das ist die mit dem Haltestellen-Häuslein, wie aus einer Inszenierung von Herzmanovsky-Orlandos „Kaiser Joseph und die Bahnwärterstochter“ gestohlen. Der Weg zum Kitzberg, dem Großen, geht meist durch Wald. Wo keiner ist, steht eine Kapelle. Zum Schluss steil und fast weglos auf den Gipfel, der ein Buckel ist. Um sein Ansehen zu vergrößern, wurde an einem Baum ein Holzschildchen mit dem Namen des Großen angebracht und darunter ein Sträußchen mit Plastikblumen. Wir sind oben! Höher ist gegenüber die Hohe Mandling. Mit „Groß“ und „Hoch“ mussten sich die beiden Berge herausputzen, um neben Rax und Schneeberg nicht übersehen zu werden. Gibt es schon eine Wanderer-Typologie nach der Art, wie Wanderer Stacheldrahtzäune bewältigen? (Über ihn drüber, zwischen zwei hakeligen Drahtreihen durch oder ganz unten durchrutschen?) Mit gegenseitiger Hilfe und ohne große Textilverluste kamen wir alle auf die große Wiese mit Blick auf den verschneiten Schneeberg vor blauem Himmel; entspannt ging es hinunter zum Rudolf-Fordinal-Haus, wo uns die Alpenfreunde dankenswerterweise mit einer ausgezeichneten Rindsuppe erwarteten. Sie hat drei Teilnehmerinnen so sehr gestärkt, dass sie noch eine Extra-Runde einlegten: ihr Lieben, dafür gibt es ein kurzes, praktisches Schlüsselwort, das uns alle glücklich macht – es heißt „Abmeldung“! Bei der Bahnwärterstochter-Haltestelle waren wir schließlich wieder alle beisammen und nach 10 Minuten kam der Zug. Kurzfassung: Tolles Wetter, stressabbauendes „Waldbaden“, richtiges Tempo, sehr liebe Gruppe, Schneebergblick, gelungene Hütteneinkehr, gutes Zug-Timing.
Walter Kissling